Lukas Duwenhögger
Lucy McKenzie
Lari Pittman

“I and My Chimney”

27 June 2003 -
6 September 2003

opening reception on Friday,
27 June, 7-9 pm

“I and My Chimney”
Lukas Duwenhögger, Lucy McKenzie, Lari Pittman

 

27. Juni - 6. September 2003
Eröffnung am Freitag, dem 27. Juni von 19-21 Uhr

 

Unter dem Titel “I and My Chimney” zeigen wir Bilder von Lukas Duwenhögger, Lucy McKenzie und Lari Pittman. Es soll in dieser Ausstellung der Versuch unternommen werden, Verbindungslinien zwischen den drei sehr unterschiedlichen Künstlern aufzuzeigen, deren spezifische Verwendung des Mediums der Malerei zunächst von einem ambivalenten, nicht affirmativen Verhältnis zum Akt des Malens charakterisiert wird.

 

In ihren meist großformatigen Tafelbildern ist weniger ein bestimmter malerischer Gestus vorherrschend, als vielmehr die bildnerische wie stilistische Umsetzung des jeweiligen Sujets. Lukas Duwenhöggers und Lari Pittmans Darstellungen liegen die Verästelungen homosexueller Repräsentation und deren Rezeption zugrunde, Prozesse der Zuweisung, Aneignung, Verwerfung und Umwertungen. Beide Künstler kommunizieren in ihren Bildern die historische Bedingtheit solcher Themenstellungen auf unterschiedliche Weise.

 

Lari Pittman ersetzt seit seinen frühesten Arbeiten in den achtziger Jahren den malerischen Duktus - verstanden als ein Paradigma der Moderne - durch die minutiöse Darstellung von Ornament- und Dekorelementen. Offensiv setzt er dabei das Ornamentale als Attribut für eine vorherrschende Definition des homosexuellen Künstlers ein. Es entstehen komplexe Bildaufbauten, in deren sich über die ganze Leinwand erstreckenden Verflechtungen konkrete Gegenstände und Figuren einreihen, die zu lesbaren Bedeutungsträgern werden. Der additive Charakter dieser Tableaus ist den Bildern der Folk Art entnommen. “I am interested in the idea of the self-taught, the anonymous, the outsider. I always wanted to put something into painting I did not see there. I had always known of a lang, illustrious history of homosexual painters. In very early critiques it was pointed out to me, in a negative way, that some of the things I wanted to put into painting should no(be there, because they were considered derogatory or marginal. But I enjoyed that. In a way my work is about reaccording status to that which has been so laughed at and degraded.” (1)

 

Lukas Duwenhögger beschreibt seinen Zugang zur figurativen Malerei zunächst als negativ: “Ich kann mich an meine Situation in den achtziger Jahren an der Akademie erinnern. Für mich stellte sich das Problem eines Zusammenhangs von figürlicher Malerei und Faschismus so eklatant, dass ich mich jahrelang der Malerei verweigert habe. Das war mir auf eine bestimmte Weise zu nah an diesem Feld. Das dann trotzdem zu machen, war eine ganz bewusste Entscheidung, mit diesen Stigmatisierungen zu arbeiten: Ich wollte nicht so tun, als ob es dieses Chaos von Verknüpfungen nicht gäbe.” (2) Angesichts dieser Widerstände erscheinen Lukas Duwenhöggers figurative Bilder, die seit Anfang der neunziger Jahre entstehen, als exemplarische Konstellationen, deren Personen häufig historischen Vorbildern vor allem der Literatur entlehnt sind. In der bühnenhaften Ausstattung ist nichts dem Zufall überlassen, die reichen Attribute und Gesten der dargestellten Personen entstammen dem komplexen Kanon homoerotischer Repräsentation. Seine Figuren werden zu einem idealen Gegenüber, deren Kontext weniger das Klischee ist, als vielmehr die Auffassung einer von Widersprüchen charakterisierten Individualität.

 

Im Gegensatz zu einem introspektiven Ansatz werden die Bilder aller drei Künstler zu Trägern von mehr oder weniger offen an den Betrachter gerichteten Botschaften. Bei Lucy McKenzie und Lari Pittman wird dieser Ansatz häufig durch den Gebrauch von Worten, die sich als Ausrufe in die Bildgefüge integrieren, noch unterstrichen. Allen gemeinsam scheint ein theatralisches, wenn nicht melodramatisches Verhältnis zum Pathos malerischer Figuration. So hat Lucy McKenzie beispielsweise Personenkonstellationen aus Wandgemälden des sozialistischen Realismus in ihre Bilder übernommen und deren einzelne Figuren mit Porträts von Freunden sowie denen von Künstlern oder Musikern ersetzt. In ihren neueren Bildern bearbeitet Lucy McKenzie solche Darstellungen mit einfachen Graffities, die als Störfaktor dem Sujets eine weitere Stimme verleihen und in denen die Künstlerin beispielhaft als intervenierender Betrachter agiert. Lucy McKenzie scheint hier lakonisch nicht zuletzt das Schicksal der Bilder vorwegzunehmen und integriert in ihnen ihre eigene lronisierung.

 

Für das Motiv der Einladungkarte hat Lucy McKenzie das Porträt eines Freundes mit dem Signet einer Glasgower Gang “YMF” und einem Penis überarbeitet, wie man es etwa auf Schulbuchseiten oder in öffentlichen Toiletten finden könnte.

 

Der Titel “I and My Chimney” ist einer Erzählung von Herman Melville entnommen. Er soll der Ausstellung als loses Motto voranstehen. Im Gestus kruder Selbstermächtigung wird der Schornstein in der Erzählung “I and My Chimney” zum trotzenden Alterego des Protagonisten, einer Art omnipräsenter wenn auch nicht weiter verhandelten Metapher seiner Männlichkeit. Darüberhinaus ist der übergroße Schornstein in Melvilles Erzählung ein veraltetes Gerät, das trotz, oder gerade wegen, einer nicht auffindbaren geheimen Kammer in seinem Innerem für den Protagonisten als erhaltenswürdig erscheint.

 

(1) Interview mit Paul Schimmel, Los Angeles 1996; in: Lari Pittman, Ausst. Kat. Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles, 1996, S. 65-77.

 

(2) Interview mit Anke Kempkes, Berlin 2000; in: Texte zur Kunst, Heft 38, Juni 2000, S. 203-209.

“I and My Chimney”
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 2003

“I and My Chimney”
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 2003

“I and My Chimney”
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 2003

Lucy McKenzie

Untitled, 2002
acrylic and oil on canvas
300 x 200 cm

Lucy McKenzie

Untitled, 2002
acrylic and oil on canvas
300 x 200 cm

“I and My Chimney”
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 2003

Lari Pittman

Untitled 2002
flat alkyd, spray paint on gassoed panel
165 x 138 cm

Lukas Duwenhögger

“Perusal of III-Begotten Treasures”, 2003
oil on canvas
113 x 192 cm

“I and My Chimney”
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 2003