“Fence Romance”
opening reception on Friday,
5 February, 7-9 pm
Thomas Eggerer
“Fence Romance”
5. Februar - 17. April 2010
Eröffnung am Freitag, dem 5. Februar, 19-21 Uhr
Thomas Eggerers neue Bilder zeigen Figuren in ambivalenten Räumen, die gleichermaßen expansiv wie auch einschränkend sind. Die Architekturelemente in diesen Arbeiten, so etwa der Zaun in “Fence Romance“ oder der modernistische Rahmen in “Friday’s Child”, bieten einerseits Schutz und Umgrenzung und sind gleichzeitig einengend. Ein Gefühl der Exponiertheit und des Ungewissen wird durch die schräg-gekippte Positionierung der Figuren (“Downward”) und in noch höherem Maße durch die Orchestrierung der Blicke verstärkt: nämlich sowohl die Blicke des Betrachters als auch die Geordnetheit der Blickrichtungen innerhalb der Bilder selbst. Die Ambivalenz von Eggerers räumlichen Konstruktionen liefert auch den Kontext für einen zeitlichen Rahmen - anhalten und loslassen, ein- und ausatmen, vorher und nachher.
Eine der Arbeiten zeigt eine unangemessen große Yacht inklusive Besatzung und den an Bord abhängenden Figuren, die sich in einer sommerlichen Szene gegen die Meereswellen abhebt. Die Wellen sind im Unterschied zu den grafisch wiedergegebenen Figuren kaum definiert, so dass die Yacht weniger wie ein Schiff denn wie das Bild eines Schiffs oder wie ein bloßer Behälter einer Gruppe von Menschen wirkt, die mehr mit sich selbst als mit ihrem Um-Raum, der unermesslichen, tiefen Welt des Meeres beschäftigt sind. In einem anderen Bild ist der Hintergrund der herumstehenden, studentisch wirkenden Personen etwas stärker ausgearbeitet und erinnert an einen öffentlichen Raum, irgendwo zwischen U-Bahnhof und dem großen Glasfenster eines Zoos. Auch hier scheinen die Figuren sich nicht sonderlich für ihre Umwelt zu interessieren - wenn auch die meisten ihrer Gesten auf ihre freundlich-moderne Umgebung verweisen. Ein drittes Bild zeigt zwei eng beieinander stehende männliche Figuren und eine dritte in weiterer Entfernung zu ihnen. In diesem Fall nimmt der Hintergrund einen erheblich größeren Raum des Bildes ein, er ist dominanter und bildet einen wesentlicheren Teil der Handlung. Man gewinnt unmittelbar den Eindruck, dass dieser Hintergrund, der ein wenig wie die Science Fiction-Illustration eines sonderbaren, endlosen Tunnels aussieht, selbst auf eine komplett andere Zeit, auf etwas Zukünftiges hindeutet. Da die Beleuchtung und Textur des Raums weder so flach beziehungsweise abstrakt wie im Falle des Yacht-Bildes sind, noch so eindeutig auf die moderne Umwelt verweisen wie im zweiten Bild, setzt das vorliegende Gemälde tatsächlich einen anderen Blick voraus und wirkt in hohem Maße verstörend. Hier existiert plötzlich mehr als nur ein einziger Hintergrund. Das Licht innerhalb des Tunnels kommt aus einer anderen Richtung als das des stark abstrahierten Raumes dahinter, jenseits des großen geschwungenen Zauns, der den Bildraum ellipsenförmig unterteilt. Die Figuren lehnen sich gewissermaßen gegen den unheimlichen Zaun, fast, als würden sie sagen, hier stehen wir also mit dem Rücken zu einer dunklen Vergangenheit und blicken in den noch beängstigenderen Raum einer leer erscheinenden, aber hoch organisierten Zukunft. Doch seltsamerweise wirken sie in diesem Moment kein bisschen erschrocken.
Alle Arbeiten innerhalb der Ausstellung verlangen vom Betrachter, gewissermaßen auf die bereits gesehenen zurückzugreifen und deren Deutungsergebnisse mit einfließen zu lassen, da diese wichtige Hinweise hinsichtlich der Lesbarkeit ihrer zunächst geschickt verschleierten Handlung liefern. Auf den ersten Blick wirken sie wie weitgehend sorgfältig konstruierte Gemälde, schon aufgrund der in ihnen anzutreffenden Differenzierung zwischen abstrakten Farbfeldern einerseits und dem Spiel mit den mehrdeutigen Gesten der verschiedenen Figuren andererseits. Unabhängig davon jedoch kann sich für den Betrachter, der vielleicht auch entsprechende Erfahrung mitbringen mag, der Raum des dritten Bildes sich sozusagen von einer Science Fiction-artigen Zeitschleife in den geradezu religiös-unheimlichen Raum beispielsweise einer längst vergangenen biblischen Geschichte verwandeln. Vielleicht aber auch nicht. Immerhin ist beim Gang durch die Ausstellung durch jene wechselseitige Bilddeutung das dritte und größte Bild nach eingehender Betrachtung des vierten Bildes, einer Arbeit auf Papier, leichter zu verstehen. Hier schreiten dieselben (oder fast dieselben) beiden jungen Männer aus dem unheimlichen Zeitschleifenraum einen abschüssigen, rampenartigen Weg hinab, während sich hinter ihnen ein fein strukturierter Raum aus dunklen, fließenden/schwebenden Farben erstreckt. Vielleicht enthält dieses Bild der beiden abwärts wandernden Figuren in einer düsteren Welt ja irgendeinen Verweis auf William Blake.
Diese auf Papier ausgeführte Arbeit scheint beinahe die Klänge eines schwermütigen Streicher-Largos in Moll zu erzeugen, wie man sie aus Godard-Filmen kennt. Der imaginierte “Klang” des Bildes ist durchaus mit Godards Verwendung klassischer Musik vergleichbar, und zwar sowohl im Hinblick auf die mehrdeutige Geste des kulturellen Zitats wie auch im Hinblick auf die Aufhebung der aktuellen, “profanen” Erzählung vermittels des zeitlosen Ernstes eines existenziellen Effekts.
In “Fence Romance” scheint die Zeit selbst zwischen einem prähistorischen Flimmern und einer ersten profanen und historischen Situation zu rotieren. In dem einen modernen öffentlichen Raum zeigenden Gemälde erklingen die süßen ersten Erfahrungen bezüglich öffentlicher Räume und jugendlicher Bildung, während es sich bei dem Yacht-Gemälde offenbar um ein internationales Bild handelt, wenn auch einige der in ihm zu hörenden Klänge es in die Nähe dessen rücken, was man als amerikanische Erfahrung bezeichnen könnte - die Apotheose der “situation américain”. Das spezifisch Amerikanische vermittelt sich hierbei zur Hälfte über den Inhalt, die Posen der dargestellten Personengruppen usw. und zur Hälfte über die Malweise selbst. Die Einteilung des Gemäldes in pure Lust an der Malerei einerseits und Evozierung einer Handlung andererseits wird durch das Yacht-Bild in geradezu komischer Weise überexemplifiziert. Eggerer scheint seinen Weg mit wissenschaftlicher Konsequenz zu gehen. Dies fällt möglicherweise nicht auf den ersten Blick auf, weil die Yacht nun einmal so prominent die Mitte des Bildes einnimmt, doch bei der oberen Bildhälfte handelt es sich um reine Farbfeldmalerei, während exakt die untere Bildhälfte komplett von jenem erzprofanen Luxusgefäß einer Spaßgesellschaft ausgefüllt wird. Und selbst hier stellt man sich dazu offenkundig einige Hintergrundgeräusche vor, vergleichbar mit dem so genannten “Dark Flow” in der modernen Astronomie.
Josef Strau
Thomas Eggerer
“Fence Romance”
5 February - 17 April 2010
opening reception on Friday, 5 February, 7-9 pm
Thomas Eggerer’s new paintings feature figures in ambivalent spaces that are both expansive and limiting. The architectural elements in these works such as a fence in “Fence Romance” or the modernist frame in “Friday’s Child” offer shelter and definition, and are nonetheless confining. A feeling of exposure and uncertainty is enhanced by the placement of the figures on slanted angles (“Downward”) and even further by the orchestration of glances: The viewers’ glances but also a regime of glances within the paintings themselves. The ambivalence of Eggerer’s spatial constructions provides a context for a time frame - holding and releasing, breathing in and out, before and after.
One painting shows an unreasonably big yacht with crew members and hanger-outs on board holding in full summer action against the ocean waves, which are, compared to the graphically represented people, not at all defined, making the yacht somehow an image of a vessel, or a container of a group more absorbed with what happens inside of themselves, than with the space itself, the immense and deep world of the ocean. In another painting the background for some standing-around student-like looking people is slightly more defined, resembling some public space, something between a subway station or the public zoo’s big glass window. The figures seem to care very much about what is happening in the phenomenon around them - most of their gestures even point to the friendly modernist environment. A third picture has two men very near to each other, a third one far off in the distance. In comparison the background space is much bigger here, more dominant, seemingly telling the bigger part of the story and one might immediately feel that this background even points to another completely different time, to something lying in the future, looking a bit like a science-fiction illustration of a weird tunnel with no end. Since the light and texture of the space are neither as flat or abstract as in the yacht painting nor are as distinctly referential to the contemporary environment as the second image, the painting almost demands another look. It becomes quite puzzling. Suddenly there is not just one background. The light in the tunnel is from another direction than in the very abstracted space behind, behind what divides the picture elliptically, a huge bended fence. The figures are kind of leaning against the scary fence, almost like saying, here we are standing with our backs to a dark past, looking into an even scarier-looking space of an empty seeming highly organized future. But still, for that moment surprisingly, they don’t appear to be frightened.
Each of the works in this exhibition demands from the viewer somehow to return to the ones seen before in order to transport the findings between them, since they give great hints of how to better read their at first well-disguised narratives. They look at first like mostly well-constructed paintings, alone for their distinction between on one side the abstractly painted color fields and on the other the play with ambivalent meanings of gestures of the different human figures. But independent of that, it is possible that for viewers, who might have had experience with it, the space of the third painting sometimes turns from a sci-fi-like time warp into an almost religiously uncanny space of a, for instance, biblical story from long, long ago. But maybe not. Anyway, going through the exhibition the way of mutual image reading, the third, the biggest painting, becomes definitely more transparent after the study of another picture, the forth, that is painted on paper. Almost the same, or maybe even the same couple of young men as in the uncanny warp space walks down this time a declining ramp-like path, and behind we find a very textured space of dark floating colors. Maybe not one hundred percent correctly, but this work, the two downward moving figures in the space of a darkish universe, might include probably references to William Blake.
This work on paper almost seems to create sounds of deep minor largo playing strings like in a Godard movie. This imagined “sound” of the painting is comparable to Godard’s handling of classical music, both in the ambivalent gesture of cultural quotation, but as well in the quality of suspending the contemporary “worldly” narrative with some timeless seriousness of existential effect.
In “Fence Romance” time seems almost like rotating from some prehistoric glimmer to the first mundane situation within historic time. The painting within the modern public space is full of the ringing and jingling of the sweet early experience of public space and of education in youth, and the painting of the yacht seems to be an international image, but there are some particular sounds in it which make it so close to what might be called the American experience. Apotheosis of “la situation Americain”. The American-ness translates exactly half by means of content, by the poses of the represented group of people, etc., and half through the mode of painting itself. The division of the painting between pure painting pleasure and evocation of narratives becomes in the yacht painting almost humorously over-exemplified. Eggerer seems to follow his path with scientific consequence. One might not recognize it at first view, since the yacht appears so much to be simply in the middle of the frame, but the upper half of the whole image is just color field painting only, while exactly the lower half is containing the arch-mundane luxury container of some leisure society only, but even here, so obviously, it is imagined with quite some background sounds, like the (in contemporary astronomy) so called dark flow.
Josef Strau