David Lieske

“Case Arse”

26 October 2004 -
29 October 2004

opening reception on Monday,
25 October, 7 pm

Galerie Daniel Buchholz
Neven-DuMont-Str. 17 50667 Köln
Tel 0221-2574946 Fax 253351
post@galeriebuchholz.de
www.galeriebuchholz.de

 

Rheinschau
25. - 29. Oktober 2004
Konrad-Adenauer-Ufer 3, Köln

 

David Lieske
“Case Arse”

 

Die Installation “Case Arse” besteht aus drei Elementen: aus einem im Reitsport gebräuchlichen Hindernis, das um zusätzliche Elemente ergänzt wurde, sowie aus zwei Fotoarbeiten. Die eine dieser Fotografien zeigt eine mit Post-Its markierte Buchseite, die andere eine gespiegelte Landschaftsaufnahme, die offensichtlich auch dieser Seite entnommen wurde.

 

Der Titel “Case Arse”entspricht Pier Paolo Pasolinis wortspielerischer Transformation von Casarsa, dem Namen der Stadt im Friaul, in der Pasolini den Großteil seiner Kindheit verbracht hatte. “Case Arse”, bedeutet auf Friaulisch soviel wie “verbrannte Stadt” oder “verwüstete Häuser”. David Lieske nimmt Pasolinis Wortspiel als Modell für die Modifikation einer gegebenen Form, in diesem Fall ein handelsübliches Pferdehindernis, das durch mehrere dem Orginal entsprechende Elemente so erweitert wird, dass es für den Gebrauch unbenutzbar wird. Eine Barrikade, die sich selbst verbarrikadiert.

 

“Lieske beginnt seine Transformation der Reithürde mittels einer Vervielfachung ihrer waagerechten Balken. Weder konstruiert er neue Elemente, noch erfindet er sie; vielmehr fügt er mehrere Exemplare eines Elements hinzu, das bereits vorhanden ist, ohne dieses zu verändern. Das Hinzufügen eines Elements bedeutet keine Verunreinigung. Pasolini hingegen fügte seinem “Case Arse” sogar fremde Elemente hinzu, nämlich zwei E’s, was allerdings unerheblich ist, da man sofort begreift, dass das Prinzip in einer Transformation des bereits Vorhandenen liegt.”
“Transformation bedeutet eine Veränderung der Gestalt von etwas bereits Vorhandenem. Eine bestehende Identität wird manipuliert, um eine in ihr verborgene neue Identität zu entlarven. Indem sie zeigt, wie leicht ein Name - und somit eine Bedeutung - sich verändern lässt, ist die Transformation ein Akt der Destabilisierung. Eine Transformation ist immer auch ein Angriff.” *

 

Die ursprüngliche Installation wurde für die Ausstellung “Formalismus-Moderne Kunst Heute” im Hamburger Kunstverein entwickelt, in der sie noch bis Ende Januar 2005 zu sehen sein wird.

 

Zum Anlass der Gruppenausstellung “Teil 2: Quodlibet” in der Galerie Daniel Buchholz entstanden zwei weitere Arbeiten mit dem Titel “Case Arse”, durch die die Installation der “Rheinschau” ergänzt wurde.

 

Bei “Case Arse (Neon)” handelt es sich um eine mit schwarzem lichtundurchlässigem Lack bemalte Neonschrift, auf der “A RISKY FIELD TO BURN” zu lesen ist. In “Case Arse (12″)” wird ein weißes 12″-Platten-Lochcover und die darunterliegende Etikette durch ein rund ausgeschnittenes Passepartout und ein dahinter montiertes Schwarz-weiß-Foto simuliert. Das Foto zeigt eine Detail-Ansicht der Installation von “Case Arse” in den Räumlichkeiten des Hamburger Kunstvereins einen Monat bevor diese Ausstellung tatsächlich für Besucher geöffnet ist, mit einer Anzugjacke, die während des Aufbaus auf einen der Standpfosten des Hindernisses gehängt wurde.

 

Sowohl “Case Arse (12″)” wie auch die anderen Fotoarbeiten der Installation “Case Arse” liefern den Bezugsrahmen für das “Objekt”, dem sie zur Seite gestellt sind. Sie weisen bewusst inszenierte Spuren einer Vereinnahmung der Thematik im Privatem auf.

 

Der Text “A Risky Field To Burn”, in schwarzen, nicht leuchtenden Neonbuchstaben geschrieben, stellt in diesem Fall eine zur Installation im Hamburger Kunstverein nachträgliche, aber zu ihrer Ausstellung zeitlich vorgezogene Problematisierung sowohl des Referenzrahmens, wie auch der formalen Bedingungen, unter denen die Arbeiten selbst operieren, dar. Die Bemühung der Metapher der “verbrannten Erde” trägt nicht nur die Übersetzung des Titels “Case Arse” in sich, sie steht auch für eine selbstkritische Reflektion der angewandten Methode.

 

Die “Verbildlichung” einer Strategie, wie z.B. der Transformation am Beispiel Pasolinis durch ein verbarrikadiertes Hindernis, folgt der selben Überlegung. Selbstauslöschung sowie Negation und Transformation sind die Schlüsselgedanken dieser Arbeiten, deren eigentliches Anliegen in der Aufschlüsselung und Offenlegung ihrer formalen Vorgehensweise liegt.

 

Die Problematisierung formal attraktiver und wohl erprobter Methoden (post) modernistischer Kunstproduktion wie z.B. der Neon-Schrift oder einer Ready-Made-Skulptur mitsamt all den Widersprüchen, die das eigene Interesse, geschmackliche Vorlieben sowie tatsächliche thematische Inhalte produzieren, zu verbinden, ist eine Versuchsanordnung, die allen diesen Arbeiten gemeinsam ist.

 

* Morgan Fisher über David Lieske, aus dem Katalogtext zur Ausstellung “Formalismus-Moderne Kunst Heute”

David Lieske

“Case Arse”
Installation view, Rheinschau 2004

David Lieske

Case Arse, 2003
c-print, in passepartout, framed
53 x 69 cm, Ed. 3 + 1 AP

David Lieske

“Case Arse”
Installation view, Rheinschau 2004