Atsuko Tanaka

Works from the late 1960s to 2000

8 June 2018 -
1 September 2018

opening reception on Friday,
8 June, 7-9 pm

EN
DE

Atsuko Tanaka
Works from the late 1960s to 2000

 

8. Juni - 28. Juli 2018
Eröffnung am Freitag, dem 8. Juni, 19-21 Uhr

 

Atsuko Tanaka (1932 - 2005) wird nach ihrem Kunststudium in Osaka und Kyoto Anfang der 1950er Jahre (Studium im Fachbereich für Westliche Malerei) 1955 Mitglied der japanischen Avantgarde-Künstlergruppe Gutai. Atsuko Tanaka nimmt in den folgenden Jahren an vielen der legendären Aktionen und Performances der Gutai-Gruppe teil und wird vor allem durch ihre Arbeit Electric Dress von 1956 berühmt. 1965 tritt sie aus der Gutai-Gruppe aus, zusammen mit dem Künstler Akira Kanayama, mit dem sie ab dann zusammenlebt, zunächst in Osaka und ab 1972 in Asuka in der Präfektur Nara. Bereits gegen Ende der 1950er Jahre konzentriert sich Atsuko Tanaka mehr und mehr auf die Produktion ihrer Bilder und Zeichnungen, der sie sich nach ihrem Austritt aus der Gutai-Gruppe ausschließlich widmet.

 

Die Ausstellung in der Galerie Buchholz, Berlin, ist die erste Einzelausstellung des Werks von Atsuko Tanaka in Deutschland. Gezeigt werden Bilder und Zeichnungen aus den späten 1960er Jahren bis zum Jahr 2000.

 

“[…] Schon 1957 begann Tanaka bei ihren ersten Kreis- und Linien-Bildern, mit Vinylfarben zu arbeiten. […] Der Grund dafür war, dass sie damit gleichmäßigere und glattere Farbflächen und Linienführungen erzielen konnte als mit Ölfarben, und das entsprach der Ausdrucksweise, die sie anstrebte. Auf diese Weise reflektierten die Kreise und Linien, ohne die Stabilität der Leinwand zu untergraben, das Ausmaß der Oberfläche wie etwas, das auf eine Haut geklebt wurde, und sprachen mit ihrer Kompaktheit und Verschränkung den Tastsinn der BetrachterInnen durch eine lebhafte Betonung der Oberfläche an. Diese Tendenz zur intensiven Sensibilität gegenüber der Oberfläche ist sicherlich eine weitere Entwicklung, die aus ihrer Beschäftigung mit der sichtbaren Oberfläche des Körpers stammte, wie sie in Electric Clothes ihren Höhepunkt erreichte. Die in alle Richtungen laufenden Linien, die sich in den Kreisen verheddern, scheinen als Visualisierung und Verkörperung der Transformation/des Übergangs zu fungieren - bis Electric Clothes das zentrale Thema ihrer Arbeiten -, übertragen auf die Zweidimensionalität der Malerei. Die Linien, die Tanaka zieht, scheinen fast keinen Regeln zu folgen, und ihre Wege sind zu komplex verschlungen, um Kreise miteinander zu verbinden. Wenn wir einige Linien finden, die dieselben beiden Kreise verbinden, so sind sie einander doch nicht ähnlich. Im Gegenteil, ihre Formen sind unterschiedlich, sie schlängeln sich auf immer anderen Wegen hin und her. […] Der Begriff Linie nimmt hier die Bedeutung einer ‘Grenze’ an, die das Chaos der Welt umschließt, und wann auch immer eine Linie gezogen wird, wird die Komposition erneuert und neue strukturelle Beziehungen ergeben sich. Wir können dies dahingehend interpretieren, dass Tanaka in ihrer Malerei wie in ihren Stoffarbeiten eine Kritik der Grenze auslotete. Wie beim Schneiden und Durchstechen des Stoffs werden auch hier Oberflächen differenziert, was auf Transformation und Übergang durch die ‘schlängelnden’ gemalten Linien hindeutet, die definiert wurden, während sie in einem Prozess entstanden, der die latente Kraft zur Entwicklung in Richtung einer neuen Struktur impliziert. Die eigentliche Vielfalt dieser Linien führt zur verstärkten Komplexität der Transformation/des Übergangs, ebenso wie das beim abwechselnden Ein- und Ausschalten des Stroms und beim Leuchten und Erlöschen der Glühbirnen und Leuchtstoffröhren in Electric Clothes der Fall war, und beschleunigt die laufende Entstehung neuer Beziehungen.

 

[…] Ähnlich wie Electric Clothes die Frage der Individuation in einem laufenden Prozess der Beziehungen zur Welt durch Transformation/Übergang an der visuellen Oberfläche ‘Kleidung = Körper’ behandelt, verweist der Prozess des Malens von Linien oder die Suche nach und Bestätigung von Grenzen auf dieselbe Problematik - die Schaffung eines ‘Ich selbst’.
Wie ich schon bemerkte, wird aus Atsuko Tanakas Schaffensprozess klar, dass sie nicht von der Präsentation einer originären künstlerischen Darstellung, sei es formal oder räumlich, fasziniert ist, sondern von der Entdeckung von Grenzen. […] Bevor Tanaka die Leinwand auf den Keilrahmen spannte, legte sie diese immer auf den Boden, auch wenn sie nicht groß war, und malte von einem Punkt innerhalb der Leinwand aus […]. Sie konnte so vermeiden, dass Farbe in unerwünschte Richtungen lief und die Erfahrung einer viel stärkeren physischen Verbindung zur Leinwand machen, als dies der Fall wäre, wenn sie die Leinwand auf eine Staffelei stellte oder an die Wand hing. Vinylfarbe ist zudem flüssiger als Ölfarbe und widersetzt sich den Gesten der Künstlerin kaum, die ohne Kunstgriffe dauernd die Kontrolle über den Fluss behält und die Kontinuität zwischen Körper und Kunstwerk weiter verstärkt. Man könnte sagen, dass aus ihrer Sicht Malerei nichts anderes ist als das Malen ihrer eigenen physischen Oberfläche, die sich mit ihr durch das Medium der Farbe verbindet […].

 

[…] Atsuko Tanakas Œuvre steht nicht im Einklang mit der Gutai-Kunst, die in erster Linie für die Bedeutung von Materialität und Aktion bekannt ist. Natürlich sind Materialien für Tanakas Arbeiten in dem Maß wichtig, in dem sie für die Realisierung eines Bildes erforderlich sind […]. Letztlich werden die Materialien aber in der Entstehung der Bildsprache absorbiert und scheinen sich als Materialien nicht behaupten zu wollen. Es ist keine Frage, dass das Physische in Tanakas Arbeiten eine wichtige Rolle spielt, die Beziehung zum Körper wird jedoch nicht direkt durch spontane oder dramatische Gesten beleuchtet, sondern entsteht symbolisch aus der animierten Oberfläche, welche die Haptik und die sichtbare Körperoberfläche anspricht. Ihre Arbeit unterscheidet sich in diesem Sinn von der aktionistischen Malerei der Gutai-Kunst. Tanaka geht es nicht um den Körper in Bewegung, sondern um dessen alltägliches Erscheinungsbild und Charakter. […]”

 

Auszüge aus: Mizuho Kato, Auf der Suche nach einer Grenze, in: Silvia Eiblmayr, ATSUKO TANAKA, Taxipalais Kunsthalle Tirol 2002, S. 13-29

Atsuko Tanaka
Works from the late 1960s to 2000

 

8 June - 28 July 2018
opening reception on Friday, 8 June, 7-9 pm

 

After studying art in Tokyo and Osaka (in the department Western painting) in the early 1950s, Atsuko Tanaka (1932 - 2005) joined Gutai, the Japanese avant-garde artists group, in 1955. She gained recognition for her participation in the legendary performances and actions of Gutai, especially for her artwork Electric Dress (1956).
Along with the artist Akira Kanayama, Tanaka left the Gutai group in 1965. Tanaka and Kanayama moved to Asuka in the Nara Prefecture in 1972 and lived together.
After leaving the Gutai group, Tanaka focused exclusively on painting and drawing, a practice she had begun in the late 1950s.

 

The exhibition at Galerie Buchholz Berlin is the first solo exhibition of the artist’s work in Germany, and includes paintings and drawings from the late 1960s until 2000.

 

“[…] It was as early as 1957 when Tanaka began working vinyl paint for her first circle and line paintings […]. Her reason was that it allowed her to produce a much more uniform and smooth color surface and flow of line without the disturbances resulting from oil paints, and this accorded with the mode of expression Tanaka sought. In this way the circles and lines, without undermining the stability of the canvas, manifested the expanse of the surface like something stuck to a skin and invoked the viewer’s tactile sense by their lively emphasis of the surface above all, congested and intertwined as they were. This trend towards an intense sensitivity to surface is surely another development from her involvement with the body’s visible surface which came to fruition in Electric Clothes. The lines running in all directions entangled with the circles then seem to act as a visualization and embodiment of transformation/transition - the major theme in her work up to Electric Clothes - on a two dimensional plane such as painting. The lines drawn by Tanaka follow almost no rule, taking too complex a route to connect circles. lf we find a number of lines that connect the same two circles we cannot see any lines that are repeated; rather all the lines display difference of form and are forever swerving. […] Line here takes on the meaning of a ‘boundary’ that encompasses the chaos of the world, and whenever a line is drawn, the composition is renewed and new structural relationships result. We may interpret this to mean that in painting, as in her series of cloth works, Tanaka explored a critique of the issue of boundary. As with the cutting and piling of the cloth, surfaces are differentiated, which suggest transformation and transition through the ‘swerving’ painted lines which were defined as they were figured out in a process that implies the latent force to proceed to a new structure. The actual diversity of these lines results in the increased complexity of transformation/transition, just as did the alternation of light - on/off - with the various round and tubular electric light bulbs in Electric Clothes and accelerated the ongoing generation of new relationships. […] Similar to the way in which Electric Clothes raises the issue of the creation of self-identity in an ongoing process of relations with the world through transformation/transition of the visual surface ‘clothes = body’, the painting process of drawing lines or seeking out boundaries and confirming them relates to the same issue - the creation of ‘myself’.

 

As I commented before, it becomes clear from her creative process that her fascination lies not in presenting an original artistic formal or spatial representation, but in the operation of discovering boundaries. […] Before attaching the canvas on a wood stretcher Tanaka always placed it on the floor even if it was not large, and painted from a point within the canvas […]. She could avoid unwanted paint runs in this position and experience a much more powerful physical connection with the canvas than by mounting the work on an easel or the wall. Additionally, the vinyl paint has a far more fluid character than oil paint and has little resistance to the artist’s hand gestures, who maintains steady control in managing the flow without artifice and further reinforces the continuity between body and artwork. One could say that, from her viewpoint, painting is nothing but the painting of her own physical surface as it connects with her through the medium of paint […].

 

[…] Atsuko Tanaka’s work is out of step with Gutai art which is primarily recognized for the importance of materiality and action. Naturally, materials are of significance in Tanaka’s pieces to the extent that they are fundamental to the realization of an image […]. However, in the end the materials themselves are absorbed within the creation of imagery and do not affirm their existence as material. There is no question that physicality plays a major role in Tanaka’s art, yet rather than being elucidated directly by spontaneous and dramatic gestures, the relation to the body emerges symbolically from the animated surface with its appeal to the sense of touch and the visible surface of the body. Her work is in this sense distinct from the action painting of Gutai. Tanaka is concerned not with a body in motion but rather its everyday appearance and character. […]”

 

Excerpt from: Mizuho Kato, Searching for a Boundary, in: Silvia Eiblmayr, ATSUKO TANAKA, Taxipalais Kunsthalle Tirol 2002, p. 33-49

Atsuko Tanaka

Works from the late 1960s to 2000
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“Work (title unknown)”, n.d. (latter half of 1960’s)
gouache on thick paper
19.4 x 12.8 cm
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“Work (title unknown)”, n.d. (latter half of 1960’s)
gouache on thick paper
19.4 x 12.8 cm

Atsuko Tanaka

“Work (title unknown)”, 1973
vinyl paint on canvas
27.6 x 22.3 cm
&
“Work”, 1973
acrylic lacquer on canvas
40 x 31.5 cm
&
“Work (title unknown)”, 1972
vinyl paint on canvas
45.7 x 38 cm
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“Work (title unknown)”, 1973
vinyl paint on canvas
27.6 x 22.3 cm

Atsuko Tanaka

“Work”, 1973
acrylic lacquer on canvas
40 x 31.5 cm

Atsuko Tanaka

“Work (title unknown)”, 1972
vinyl paint on canvas
45.7 x 38 cm

Atsuko Tanaka

Works from the late 1960s to 2000
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“83c”, 1983
synthetic resin enamel paint on canvas
45.5 x 37.8 cm
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“83c”, 1983
synthetic resin enamel paint on canvas
45.5 x 37.8 cm

Atsuko Tanaka

“Work (title unknown)”, ca. 1983
pencil on paper
25.4 x 33.8 cm
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“Work (title unknown)”, ca. 1983
pencil on paper
25.4 x 33.8 cm

Atsuko Tanaka

Works from the late 1960s to 2000
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“2000C”, 2000
acrylic lacquer on canvas
100.5 x 72 cm
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“2000C”, 2000
acrylic lacquer on canvas
100.5 x 72 cm

Atsuko Tanaka

“’99b”, 1999
acrylic lacquer on canvas
22.7 x 15.8 cm
&
“’99c”, 1999
acrylic lacquer on canvas
22.7 x 15.8 cm
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“’99b”, 1999
acrylic lacquer on canvas
22.7 x 15.8 cm

Atsuko Tanaka

“’99c”, 1999
acrylic lacquer on canvas
22.7 x 15.8 cm

Atsuko Tanaka

Works from the late 1960s to 2000
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“1980b”, 1980
gouache on paper
55.5 x 38.5 cm
installation view Galerie Buchholz, Berlin 2018

Atsuko Tanaka

“1980b”, 1980
gouache on paper
55.5 x 38.5 cm