Lukas Duwenhögger
“Probleema”
11. November – 16. Dezember 1995
Zur Installation “Probleema”
Die kritischen Untersuchungen zum privilegierten Blicken / Sprechen sind in den letzten Jahren immer vielschichtiger geworden. Etablierte Formen der Kritik haben sich dabei oft als paternalistisch, homophob, misogyn, rassistisch, sexistisch und ausschließend entlarvt. Besonders ethnische und/Und sexuelle Minderheiten haben in jahrelangem Kampf dichotome Verkrustungen aufbrechen lassen, die (Nicht) Repräsentation in Fragestellen und sich ein Forum verschaffen können. Die Durchsetzung der Unruhe überall, wo die Diskurse Gefahr laufen, den Interessen an der Reproduktion irgendwelcher Status quo’s sowie deren jeweiliger Lieblings-Stunde-Null Folge zu leisten, ist ein Erfolg der Minderheiten, die sich nicht damit abfüttern ließen und lassen, vom kritischen Establishment verschwiegen und ihrer Sichtbarkeit beraubt zu werden.
Die Installation “Probleema”, nach dem gleichnamigen Gemälde des finnischen Malers Akseli Gallen Kallela (1865- 1931) benannt, besteht aus 5 Ölbildern und einem Holzhaus, und setzt sich mit einer spezifischen Form privilegiertem Blickens, den Blick homosexueller Panik einer homosozial strukturierten Avantgarde auseinander. 1894 hatten die 4 sendungsbewussten Bohemiens in Kallela’s Bild genau die Vision, die sie brauchten, um sich in ihrem Glauben bestärkt zu fühlen, das neu entdeckte nationale Erbe gegen eine ebenso neu entdeckte Dekadenz verteidigen zu müssen. Die Erscheinung, eine esotherische, ägyptische Gottheit, kam von weit her und transportierte das, was diese jungnationalen Romantiker als “Weltgeist” bezeichneten. In Paris unter dem so städtischen Banner des Plein-Air-Realismus erzogen, sind sie nunmehr der strahlenden Sommergarderoben vor Eisenbahnbrücken überdrüssig.
Der mondäne Aspekt ihres Versammlungsortes – ein Séparé im Hotel Kämp – interessiert sie weniger als der asketische Rückzug in das karge Karelien im finnischen Osten.
Sie brüten also über einem Programm, und die Gemeinde, für die geplant wird, ist atemberaubend groß: unter einer Neuen Nation geht nichts. Die ausschließlich männliche Besetzung des Planungsstabes fällt dabei ebenso ins Auge wie die Beschaffenheit der Inspirationsquelle. Der sozialistische Literaturkritiker Georg Brandes z.B.wird in diesem Zusammenhang von einem Mitglied der Gruppe als “Schmollender Held der Aufklärung, der uns vergeblich vor dem neuen reaktionären Trend gewarnt hat” abgewiesen.
Osirisschwingen … Neckarauen – 100 Jahre später werden im Bestseller “Faserland” von Christian Kracht die heißesten Tränen über den Verlust des besten Freundes vergossen, die größte Angst ist die vor einer schwulen Vergewaltigung, und die innigste Sehnsucht besteht darin, mit einer reinen- und abwesenden – Frau eine Reproduktionsanlage für das Erhabene zu gründen. Der Name des Engels: Isabella Rosselini. Der Ort des zwangsheterosexuellen Ausbildungslagers: die Schweizer Alpen. Der Grund für dieses Programm: Ein Mann namens Mann (Vorname Thomas).
Als Vehikel zur Erlangung von Anerkennung und Liebe durch den bewunderten Freund sind in beiden homosozialen Szenarien die Frauen bis zu ihrer vollkomenen Abwesenheit wegstilisiert. Ihren Platz hat die Panik vor dem eingenommen, dessen Namen man nicht nennen darf. 1995 hat sich der “Weltgeist” in Rauch aufgelöst … Wer sind diese Männer auf der anderen Wand, die es sich offenbar erlauben, anderen Gedanken nachzuhängen – und wie sind sie? Und was die Malerei angeht: was bedeutet dieser Mangel an Erhabenheit?
Lukas Duwenhögger, 10. September 1995
Lukas Duwenhögger
“Probleema”
11 November – 16 December 1995
Critical discourse on privileged viewpoints and speech is being held on increasingly differentiated levels in the past few years. Established forms of criticism have frequently revealed themselves as homophobic, mysoginistic, racist, sexist and exclusivistic.
Lukas Duwenhögger was born in Munich in 1956 and has lived in Berlin since the early 90’s. At Galerie Buchholz he is showing the installation “Probleema”, named after a painting by the finnish painter Akseli Gallen Kallela ( 1865 – 1931). Kallela’s 1894 painting depicts four “bohemians” working on a new world order in the separee of the hotel “Kamp”
Duwenhöggers installation consists of an Interpretation of Kallela’s painting, four canvases in oil and a wood play house. It addresses a specific form of privileged viewpoint; the homosexual panic of a homosocially structured avantgarde.
Visions 100 years later … Osiris wings … “Neckarauen”…
In “Faserland” the bestseller by Christian Kracht, the sincerest tears are shed over the loss of a best friend, the greatest fear is the fear of a homosexual rape and the deepest wish is for a pure – and absent – woman with which to create a reproduction plant for the exalted. The angels name: Isabella Rosselini. Location of this “zwangsheterosexual” trainings camp: the Swiss Alps. The reason for this programme: a man named Mann (first name Thomas).
11 November 1995 –
16 December 1995
opening reception on Saturday,
11 November, 6-9 pm
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
detail
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
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installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
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installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
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installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995
"Probleema", 1995
wooden house on castors, wood, glass, metal, photo canvas, five paintings
300 x 400 x 300 cm
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installation view Galerie Daniel Buchholz, Köln 1995